Wie das Informations-Verarbeitungs-Zentrum (IVZ) durch geschickte Kopplung von ITSM-Werkzeugen in der IT-Organisation Aufwände und Risiken abbaut – und deutlich Zeit spart.
Das IVZ, interner IT-Dienstleister von ARD und Deutschlandradio, orchestriert sein Servicemanagement über die CMDB i-doit, installiert damit eine zentrale ITSM-Lösung und verknüpft diese mit IVZ-Kernapplikationen. Das verschafft dem Betreiber ebenso wie den Anwendern in den Rundfunkanstalten wertvollen Zusatznutzen.
Das IVZ unterstützt mit ca. 230 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zentrale IT-Projekte für seine öffentlich-rechtlichen Kooperationspartner. Es bietet hochwertige IT Services rund um die Bereiche Rechenzentrumsleistungen, SAP-Anwendungen, Videoarchiv- und Produktionssysteme sowie weitere ARD-Anwendungen. Durch jahrzehntelang aufgebautes Knowhow verfügt das IVZ über spezielles Branchenverständnis, schafft Nutzen und Mehrwert für die Landes-Rundfunkanstalten (RFA) sowie das Deutschlandradio und unterstützt sie bei der Umsetzung ihrer IT-Strategie und deren digitaler Transformation.
Auffälligste Verbesserung im neuen IT-Prozedere ist die Komplett-Überarbeitung des IVZ Service-Katalogs. In diesem sind sämtliche Dienstleistungen des IVZ dokumentiert. Für das Service-Management verantwortliche IVZ-Mitarbeitende können diesen Katalog sowie alle abhängigen Service-Scheine heute nahezu vollautomatisch managen. Für Kunden, Kooperationspartner und Key Account Manager ändert sich im neuen Angang nichts. Wie gewohnt können sie auf den IVZ-Servicekatalog und ihre individuellen Service-Scheine inkl. der SLAs zugreifen, ohne die Komplexität und technische Power unter der Oberfläche zu erahnen. Doch das war nicht immer so.
Bis Mitte 2020 lief der Prozess des Service-Managements im IVZ hochgradig manuell. Servicekatalog und sämtliche Service-Scheine der RFA lagen in Form von Word-Dokumenten auf dem SharePoint des IVZ, geplante Änderungen und deren Genehmigung wurden über Excellisten gesteuert. Die Einarbeitung von Änderungen in die Service-Dokumente war mühselig, zeitintensiv und fehleranfällig. Denn jedes Dokument musste einzeln angefasst werden. Ein Reporting war nicht möglich. Und das bei 110 Servicekatalog-Einträgen und 309 Servicescheinen, zusammen 419 Dokumenten, von denen jedes einmal pro Jahr routinemäßig zu prüfen war.
„Mitte 2020 beschlossen wir, diese Situation zu ändern“, erläutert Susann Gerdewischke, Leiterin Anwendungen und Services am IVZ-Standort Potsdam, und ergänzt: „Da die CMDB des IVZ mit Hard- und Software-Inventory bereits in i-doit angesiedelt war, entschieden wir uns dazu, ein Modul „Service-Management“ neben der CMDB einzurichten, um unsere Service-Management-Prozesse zu automatisieren und Synergien im Zusammenspiel mit der CMDB erschließen zu können.“ Also machte sich ein interdisziplinäres Team aus Rene Rehme (Service Manager) aus Potsdam, und den beiden Kölner Kollegen Christoph Sieger (Senior-Anwendungsexperte) und Jörg Middendorf (Senior Systemarchitekt) an die Arbeit: Sie hauchten der Vielzahl an Informationen und Metatags mit Funktionen, Personen, Relationen, Verantwortlichkeiten oder Gültigkeiten schrittweise Dynamik und Interoperabilität ein – inklusive Etablierung von Schnittstellen zu den IVZ-Kernsystemen.
Gleichzeitig brauchten alle Einträge für Namen, Termine und Tätigkeiten passende, übereinstimmende Kategorien. „Das haben wir alles so normalisiert und in eine eindeutige Nomenklatur überführt, dass die Items in der CMDB auch zu finden sind.“ So wurden beispielsweise doppelte namentliche Zuständigkeiten oder unklare Tätigkeitsbeschreibungen wie „…Müller/Wiesenhof, 28.07., Abstimmung..“ aus den Word-Dokumenten verbannt und damit den Anwendern des neuen Systems erspart. „Jetzt kann hier nur noch eingetragen werden, was sich denn nun konkret geändert hat, also Ansprechpartner, Revisionstermin erneuert, etc. Punkt,“ stellt Middendorf klar.
Im Zuge der Umstellung haben die IT-Spezialisten auch alle Formulierungen beispielsweise für Servicequalitäten vereinheitlicht, die zuvor stellenweise recht individuell getroffen wurden. Gleichzeitig wurden die in der CMDB auswählbaren Formulierungen so voreingestellt, dass Nutzer nur die wirklich passenden Begriffe auswählen können. Weitere Neuerung: Wenn ein Anwender heute (in der CMDB – und gleichzeitig auch im IVZ Sharepoint) die Kategorie Stammdaten klickt, sind alle Personen und Organisationen dynamisch verknüpft. Änderte sich früher ein Revisionstermin, musste man sich im alten Verfahren in 419 Doks reinklicken, ändern, speichern und alle Felder aktualisieren. Jetzt geht der User nur in die CMDB, markiert alle entsprechenden Felder, klickt auf „Editieren“, wählt bei Stammdaten das neue Revisionsdatum aus – und sofort ist es für alle verknüpften Services gesetzt.
Auch lassen sich Mitarbeiter, die für einen Service verantwortlich sind, über diese Funktion drei Monate vor dem Revisionstermin schon mal per Mail dran erinnern. Nicht zuletzt dient die Revision auch zur Überprüfung, ob alle Ansprechpartner wirklich noch stimmen, ob die Formulierungen (verwaltungs)technisch wasserdicht sind, oder schlicht, ob sich Rechtschreibfehler eingeschlichen haben. – Form follows function!
Immer auf der Suche nach Mehrwerten, hat das Team jetzt auch einen ITSM-Status eingerichtet. Darin ist dokumentiert, in welchem Zustand ein Dokument aktuell vorliegt. Zum Beispiel: „Bearbeitung läuft“, wenn noch an den Texten gearbeitet wird. „Betrieb/Live“ dagegen heißt, die Bearbeitungen an Serviceschein sind verabschiedet und stehen auch schon so im Sharepoint.
Hintergrund hierbei: Das IVZ nutzt die damit zum ITSM-Tool aufgebohrte CMDB jetzt als Planungsstelle für neue Servicescheine oder Katalogeinträge.
Wenn die abgestimmt und freigegeben sind, wird der ITSM-Status auf „an Sharepoint senden“ gesetzt. Das aktiviert die Schnittstelle, welche eine neue Revision der Dokumente erzeugt, überträgt das Ganze ans Sharepoint, und setzt dort alle anhand der Info aus dem ITSM erforderlichen Metatags. Wenn die Datei ordnungsgemäß übertragen ist, wird sie im ITSM wieder auf „in Betrieb“ gestellt. Wenn es bei der Übertragung ein Problem gab, bekommt der Vorgang den ITSM-Status „Status Checken“ und wird rot. „Da wir diese Schnittstelle auch gleichzeitig im Monitoring (CheckMK) haben, sieht man den roten Check auch dort. Da gibt es dann auch Logfiles, die man sich angucken kann“, erläutert Middendorf.
Weiterer Mehrwert: Wenn Nutzer auf einen Service klicken, können sie auch alle mit dem Service verknüpften Items sehen: Server, Leistungen, etc. Also beispielsweise im Service „ARD/ZDF-Box“ alle Server, deren Bedeutung und Status (virtuell oder physikalischer), für welche Rundfunkanstalt das gedacht ist, wo er steht, Anzahl der CPUs, des Arbeitsspeichers und der Festplatte, also gleichzeitig ein komplettes Reporting, was jeweils am Service dranhängt. Wenn ein IVZ-Mitarbeiter jetzt z.B. einen Service auf weitere Sender umlegen will, lässt sich anhand der Hardware-Angaben (CPU, RAM etc.) die Summe bilden, diese transparent darstellen und für zukünftige Planungen heranziehen. Und im Fehlerfall eines Services lässt sich über die dokumentierten SLAs die Wiederherstellungszeit einsehen.
Mit der Schnittstelle i-doit/Sharepoint müssen die Daten also nicht mehr als Word-Dokumente im Sharepoint selbst vorgehalten werden. Jetzt erzeugt die Anwendung direkt aus den Daten des ITSM-Moduls aktuelle PDFs. Wenn Nutzer nun in die Service-Kategorien wie Infrastruktur, SAP-Anwendungen oder Vor-Ort-Services gehen, zeigt sich der Vorteil der Schnittstelle wie folgt: Sie initiiert und steuert die Übertragung des Servicescheins, „weiß“ aber zeitgleich auch, welche Servicekategorie das in dem Servicekatalog ist, weil alle Daten miteinander verknüpft sind. Dadurch lassen sich jetzt Informationen aus dem übergeordneten Objekt auslesen, und das zur Ordnung der Objekte verwenden, obwohl diese Information im einzelnen Objekt gar nicht drinsteht. Darüber hinaus ist es möglich, funktionale Erweiterungen vorzunehmen. Wenn es etwa eine neue Servicekategorie gibt, wird sie einfach nur eingetragen und mit Hilfe der vorhandenen Parameter automatisch erzeugt.
Zeitgleich sind in der neuen Umgebung ein paar Metadaten gesetzt, die aus dem ITSM-Modul automatisch mit übertragen werden, nämlich die Katalognummer, der Revisionstermin, Status, Servicekategorie, und weitere Personen wie der Servicebetriebsverantwortliche, der Key Account Manager und der Service Owner. Und das sind auch nicht nur Textfelder. Werden sie geklickt, landet man auf der Sharepoint-Seite eines IVZ-Mitarbeiters, daneben rechts direkt das Team-Organigramm. Diese Werte braucht niemand mehr manuell einzugeben, sondern sie werden komplett automatisch über die Schnittstelle aus i-doit gesetzt. Gleichzeitig ist zu sehen, welche Version grade im Einsatz ist, wann der Service erstellt wurde, wer der Benutzer ist. – Es gibt zum Beispiel auch einen „i-doit Schnittstellen-Benutzer“ und dann weiß man, aha, das wurde von der Schnittstelle selbsttätig geändert.
Um zu prüfen, ob die Schnittstelle überhaupt funktioniert, kann man im Monitoring nachsehen, ob der Job überhaupt, und wenn ja, in einer vernünftigen Zeit gelaufen – oder abgebrochen ist. Praktiker Middendorf dazu: „Die Cronjob-Überwachung ist Standard, man muss halt das Logfile so bauen, dass sie das auch auslesen kann.“ Das Prozedere erzeugt dann zum Beispiel bei Aktualisierungen eine neue Dokumenten-ID und schreibt sie ins Filesystem. Sollte etwas nicht sauber durchlaufen, setzt der Prozess das auf den Status „Checken“, dann wird das im i-doit rot, man kann direkt nachsehen, wo ein Problem entstanden ist und es gleich beheben. Wenn der Job dagegen durchläuft, würde er danach wie oben beschrieben die Metatags setzen, das Objekt in i-doit wieder auf „in Betrieb“ setzen und die Metataden aktualisieren. Alles in einem Aufwasch, alles im Hintergrund.
Und nur dadurch, dass man den Status im i-doit für das Dokument in „an Sharepoint senden“ setzt, signalisiert man der Schnittstelle: das Dok ist jetzt „ready for transfer“ – und dann kümmert sich die Schnittstelle um die Aktualisierung der Dokumente sowie um den Transport ins Sharepoint. – Das, so Middendorf, funktioniere inzwischen einwandfrei.
Und nicht nur die SharePoint-Schnittstelle wurde automatisiert. Laut Gerdewischke wurde zusätzlich eine technische Lösung für den Antragsprozess zur Erweiterung oder Änderung des Servicekatalogs geschaffen: „IVZ-Service-Owner eröffnen heute einfach ein Ticket im zentralen IVZ-Ticketsystem. Anträge werden damit automatisch an i-doit übergeben und dort gesammelt.
Während des quartalsweise stattfindenden Portfolio-Meetings der Geschäftsleitung wird der Report mit den anstehenden Änderungen direkt in i-doit genutzt und Genehmigungen sofort dokumentiert. Genehmigte Änderungen werden anschließend vom Team eingearbeitet, per Knopfdruck als PDFs angelegt oder angepasst und auf den SharePoint Server geladen, wo es der Kunde zur Einsicht hat. Alles automatisiert, was den Aufwand und die Fehleranfälligkeit reduziert.“
Rene Rehme ergänzt in seiner Rolle als IVZ-Service-Manager: „Dadurch, dass wir diese Managementfunktionen ins i-doit gebracht haben, sind wir im Aktualisieren deutlich schneller geworden. Wir können Items, Aufgaben und Prozesse jetzt besser miteinander verknüpfen, und wir sehen, welche Servicescheine gehören zu welchem Servicekatalog, welche Objekte zu welchem Katalog, etc. Das ließ sich zuvor gar nicht überprüfen, denn da gab es ja nur das Word-Dokument; welche Services dazugehören, blieb im Dunkeln. Ich bin sicher, dass dieser Prozess jetzt wächst und gedeiht – und enorme Zeitersparnis sowie freie Hand für andere Arbeiten bringt.“
Noch etwas im Hintergrund läuft derzeit ein weiteres Projekt, nämlich die Verbindung über den API-Hub OpenCelium nach ((OTRS)) Community Edition. „Da wir den Servicekatalog schon im Ticketing haben, wäre es für uns ein Riesenmehrwert, wenn der Servicekatalog auch im OTRS immer genau so aktuell ist, wie in der CMDB und wir Abgleiche oder Aktualisierungen auch da nicht mehr händisch, sondern automatisiert laufen lassen können.“ Zeitgleich könnte man dann auch sehen, welche Objekte denn zu einem Service gehören.
Beispiel: Ein Admin legt für einen internen Service neue Clients an, einer davon arbeitet nicht. Er macht ein Ticket dafür auf, und kann den Service dabei auch direkt auswählen. Ziel ist, dass der Admin dann auch direkt sieht, welches Gerät betroffen ist, welche Seriennnummer es hat oder wie alt es ist. Diese Kopplung soll noch in 2021 realisiert sein.
Nicht zuletzt steht die Integration des Projektmanagements mit Jira in der Pipeline. Diese Kopplung mit dem OTRS läuft derzeit über eine E-Mail-Schnittstelle, die eher nicht funktioniert. Sie soll in Zukunft ebenfalls über OpenCelium konnektieren.
Auf die Frage, ob das Ganze in einer Art IVZ-Cockpit münden könnte, sagt Middendorf: „Das OpenCelium haben wir ausgewählt, weil wir die Idee von dem API-Hub sehr gut fanden und weil wir sehr viele Anwendungen haben, die über eine API ansprechbar sind. Dann ist es schlau, alle Produkte, die sowieso verbunden sind, auch tiefer zu vernetzen. Ich könnte mir zum Beispiel später auch Daten aus dem Jira ins i-doit holen. Obwohl es die Schnittstelle eigentlich gar nicht gibt. Aber wenn jedes Tool an den gleichen OpenCelium-Hub angebunden sind, können alle untereinander Daten austauschen. Das wäre ein Riesen-Mehrwert, denn so müssten wir nur noch definieren, welche Felder in welcher Form auszufüllen sind.“ Derzeit arbeitet Middendorf mit OpenCelium-Anbieter becon aus München an diversen Kopplungsmöglichkeiten.
Im Rahmen des Großprojekts RZ-Konsolidierung ziehen die Berliner IT-Kapazitäten derzeit nach Köln um: „Wir haben in i-doit einige Felder angelegt, die wir für den Umzug brauchen, also die Berliner Server wurden um einen Tag „Kategorie-Eintrag“ erweitert( Umzug ja/nein).“ Alles, was umgezogen werden sollte, bekam das Tag Umzug ja, sodass man über dieses Tag schon mal eine Liste erstellen konnte, welche Geräte überhaupt umgezogen werden. „Da bei den physikalischen Geräten auch die Höheneinheiten oder Ports gepflegt sind, wissen wir auch zeitgleich, was am neuen Standort an Platz einkalkuliert werden muss, wieviel Stromanschlüsse gebraucht werden oder wie viele Ports auf dem Netzwerk- oder dem SAN-Switch gebraucht werden,“ sagt Middendorf.
Insgesamt bewertet Susann Gerdewischke das Projekt als außerordentlich positiv: „Durch enge bereichsübergreifende Zusammenarbeit haben wir einen deutlichen Schritt in Richtung Digitalisierung getan. Diese führt wiederum zu einer weiteren Vernetzung und noch engerer Zusammenarbeit. Darum werden wir Integration und innovative Verbesserungen weiter vorantreiben. Wertvolle Ideen zum Ausbau des Systems und für kontinuierliche Verbesserungen liegen schon auf dem Tisch.“ Etwa das Vorhaben, i-doit mit Configuration-Items und Service-Katalog an die ARD-Lösung ADoIT anzubinden. Das Projekt ADoIT enthält heute die Dokumentation der Enterprise-Architektur einiger Rundfunkanstalten und zukünftig die der strategischen Enterprise-Architectur der ARD. Diese soll im Rahmen eines groß angelegten, mehrjährigen SAP-Projektes zur Unterstützung der ARD-Verwaltungsreform sukzessive aufgebaut werden.